Mittwoch, 6. April 2011

Wenders kneift

Sie saßen lange am Verhandlungstisch: Deutschlands Film-Ikone Wim Wenders und Bayreuths Wagner-Schwestern Katharina und Eva Wagner-Pasquier. Der Deal schien perfekt: Deutschlands bester Bilderzauberer, Wim Wenders, sollte Richard Wagners Mammut-Oper „Der Ring des Nibelungen“ für die Bayreuther Festspiele (Stammgast: Angela Merkel) inszenieren. Pünktlich zum 200. Geburtstag des Komponisten-Genies 20013. Ein Jahrhundert-“Ring“: 16 Stunden deutsche Mythen an vier Tagen!
Nun die Enttäuschung: Wenders gibt auf. Beide Seiten haben über das Scheitern der Opern-Verhandlungen Stillschweigen vereinbart. Aber wir kennen die Hintergründe des Klassik-Pokers: Wenders Forderungen waren zu hoch!
In Bayreuth zu inszenieren ist eine Ehre. Die Festspiele verpflichten nur die Besten. Der französische Filmemacher Patrice Chereau war hier, Christoph Schlingensief schockte das Publikum mit seinem „Parsifal“, und letztes Jahr ließ Regie-Riese Hans Neuenfels die Ratten in Wagners „Lohengrin“ tanzen.
Auch Wenders suchte auf der heiligen Bühne in Bayreuth Abwechslung vom Film-Geschäft. Echte Menschen und Proben-Schweiß statt Hochglanz-Kino! Doch dann begriff er, wie viel Arbeit die Oper ist.

Wenders wollte seine Inszenierung verfilmen lassen. Für’s Kino! In 3D! Die Kosten (ca. 3,5 Millionen Euro) sollte Bayreuth tragen. Nach Insider-Berichten haben die Wagner-Schwestern sogar versucht, Wenders Wunsch zu erfüllen. Im Vordergrund stand für sie aber die Aufführung auf der Bühne.
Dann stellte Wenders immer neue Forderungen: Er weigerte sich, die Premiere schon 2013 filmen zu lassen. Seine absurde Begründung: Die Inszenierung sei dann noch nicht vorzeigbar. Außerdem würde er ohne Film nicht kommen. Er wollte nicht anderthalb Jahre seines Lebens nur für die Bühne verschwenden. Den Wagner-Schwestern platzte der Kragen. Sie dachten, Wenders käme wegen des Opernhauses, des Publikums, der Bühne! Aber er wollte sich selbst ein Denkmal setzen.
Wusste der Star-Regisseur nicht, worauf er sich einlässt? Hatte er in Wirklichkeit Muffe-Sausen? Hat er gemerkt, dass 16 Opernstunden zu viel für ihn sind? Reichte ihm der Ruhm der Bühne nicht? Wie auch immer: die Verhandlungen sind geplatzt! Schon vor acht Jahren hat Film-Regisseur Lars von Trier das Handtuch geworfen. Er hat vor dem 16-Stunden-„Ring“ kapituliert und Bayreuth verlassen.
Wenders beschert Bayreuth ein Giga-Problem. Katharina und Eva Wagner müssen einen neuen Regisseur suchen. Sie werden wohl nach einem Theatermann Ausschau halten. Denn im Herbst stehen die ersten Bauproben auf dem Plan.
AXEL BRÜGGEMANN

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