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Dienstag, 26. Juli 2011

Berlin stürmt Bayreuth

Selten war der „Grüne Hügel“ so Hauptstadt wie in diesen Tagen. Sebastian Baumgartens „Tannhäuser“ wäre lieber an der Volksbühne geblieben.

Wenn in Berlin Feierabend ist, zieht die Hauptstadt weiter nach Bayreuth. Griechenland: notdürftig gerettet. Koalitionsstreit: vorerst begraben. Politiker, Wirtschaftslenker und Showstars haben das Regierungsviertel verlassen. Angela Merkel und Guido Westerwelle sitzen einträchtig auf den unbequemen Holzbänken im Bayreuther Festspielhaus, bevor sie an ihre Urlaubsorte reisen. Das Wagner Walhall auf dem Grünen Hügel ist traditionell so etwas wie der erste Ferien-Stopp der Berliner Republik.
Und so viel Berlin wie dieses Jahr war Bayreuth selten! Kein Wunder: Festspielleiterin Katharina Wagner liebt die Hauptstadt, nutzt jede Sekunde, um in Schöneberg zu sein. Und nun holt sie die Berliner Regie-Recken – einen nach dem anderen – nach Franken. Wer in Bayreuth internationale Wagner-Arbeit erwartet, bekommt in diesen Jahren eher Hauptstadt-Kopf-Kino zu sehen.
Der Regisseur Sebastian Baumgarten – jung, quedenkend, Komische-Oper-Star – sitzt in der Kantine des Festspielhauses, während sein „Tannhäuser“ über die Bühne geht. Die kühle Stimmung der Premieren-Gäste dringt wie ein Nebel zu ihm durch: „Unverschämt“, „Das ist doch Kopfgewichse“, „Das war das letze Mal.“ Die Bayreuth-Pilger sind in Wallung. Noch ist ihr Unmut ein Pausengeflüster. Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl versucht seine Gäste im Festspielrestaurant aufzumuntern: „Ich finde es spannend, was da aus Berlin kommt – man muss es mehrmals sehen.“

Mittwoch, 6. April 2011

Wenders kneift

Sie saßen lange am Verhandlungstisch: Deutschlands Film-Ikone Wim Wenders und Bayreuths Wagner-Schwestern Katharina und Eva Wagner-Pasquier. Der Deal schien perfekt: Deutschlands bester Bilderzauberer, Wim Wenders, sollte Richard Wagners Mammut-Oper „Der Ring des Nibelungen“ für die Bayreuther Festspiele (Stammgast: Angela Merkel) inszenieren. Pünktlich zum 200. Geburtstag des Komponisten-Genies 20013. Ein Jahrhundert-“Ring“: 16 Stunden deutsche Mythen an vier Tagen!
Nun die Enttäuschung: Wenders gibt auf. Beide Seiten haben über das Scheitern der Opern-Verhandlungen Stillschweigen vereinbart. Aber wir kennen die Hintergründe des Klassik-Pokers: Wenders Forderungen waren zu hoch!
In Bayreuth zu inszenieren ist eine Ehre. Die Festspiele verpflichten nur die Besten. Der französische Filmemacher Patrice Chereau war hier, Christoph Schlingensief schockte das Publikum mit seinem „Parsifal“, und letztes Jahr ließ Regie-Riese Hans Neuenfels die Ratten in Wagners „Lohengrin“ tanzen.
Auch Wenders suchte auf der heiligen Bühne in Bayreuth Abwechslung vom Film-Geschäft. Echte Menschen und Proben-Schweiß statt Hochglanz-Kino! Doch dann begriff er, wie viel Arbeit die Oper ist.

Freitag, 4. Februar 2011

Theater - aufwachen!

Das Theater Bremen, so war es vor einigen Tagen im Weser-Kurier zu lesen, sei nicht in Gefahr. Im Gegenteil: alles laufe bestens, seit der alte Intendant, Hans-Joachim Frey, das Schiff, das er zuvor zum Sinken gebracht hatte, verlassen habe. So behauptet vom neuen, fünfköpfige Spartenleiter-Team, das inzwischen die Geschäfte übernommen hat. Mehr noch: Ein Theater ohne Intendant würde direkter, schneller, praxisorientierter funktionieren. Schließlich bräuchte man keine Rücksicht auf eine aufgesetzte Entscheidungsebene zu nehmen, oder auf  jemanden, der über allem schwebe. Das hört sich zunächst einmal vernünftig an, ein bisschen basisdemokratisch und nach einer neuen, unbürokratischen Struktur - kurzum: nach jener Freiheit, in der Kunst besonders gut gedeihen kann. Aber hält die Wirklichkeit diesem strukturellen Idealismus tatsächlich stand? 


Mittwoch, 5. Januar 2011

Wenders Wagner-Walhall

Der deutsche Film-Großmeister Wim Wenders soll den „Ring“ 2013 bei den Bayreuther Festspielen inszenieren. Mit Wenders und Wagner treffen die größten deutschen Kino- und Opern-Mythen aufeinander. Zugegeben, es ist nicht neu, dass Bayreuth die Oper mit Filmregisseuren aufpolieren will: Patrice Chereau hat hier seinen Jahrhundertring inszeniert, Christoph Schlingensief einen Wahnsinns-Parsifal – und der dänische Regisseur Lars von Trier ist auf dem Grünen Hügel am „Ring“ gescheitert. Die spannende Frage ist: Wie wird Wim Wenders Wagner-Walhall aussehen? Was passiert, wenn die Sage um Rheintöchter, Siegfried und Weltengott Wotan auf den „Himmel über Berlin“, „Bona Vista Social Club“ und „Texas Shooting“ trifft? Ein kleines Gedankenspiel.
„Rheingold“-Vorspiel in Es-Dur. Im Orchester wird eine Welt aus Wasser geboren. Wenders Bühne: das abgewrackte „Million Dollar Hotel“ aus seinem Hollywood-Fiasko im Jahre 2000. Oben in den Zimmern thronen die Götter, unten, im Erdgeschoss die Nibelungen. Auf dem Dachsims sitzt – so wie im „Himmel über Berlin“ - die weise Erda als Erzengel Gabriel. Während alles um sie herum in Farbe erscheint, ist sie ganz in schwarz weiß gehalten. Immer wieder hält sie die Handlung auf, um ihre Gedanken schweifen zu lassen. Schließlich ist Wenders ein Mann des Autorenkinos!